EuGH-Urteil zur wöchentlichen Ruhezeit: Sieg für Arbeitende
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) stärkte mit einem Urteil die Rechte der Arbeitnehmer*innen. Geklagt hatte ein ungarischer Lokführer. Und Recht bekommen. Das steckt dahinter.
EuGH-Urteil: wöchentliche und tägliche Ruhezeiten einhalten
Der EuGH hat mit dem Entscheid die Rechte der Arbeitnehmer*innen gestärkt. Es urteilte, dass sowohl wöchentliche als auch tägliche Ruhezeiten einzuhalten sind. Damit bestätigten die Luxemburger Richter*innen, dass sowohl die täglichen als auch wöchentlichen Pause zwei autonome Recht sind.
Konkret bedeutet das Urteil folgendes: Zuallererst sind die Ruhezeiten verpflichtend. Die tägliche Ruhezeit liegt bei mindestens 11 Stunden. Die wöchentliche Ruhezeit muss mindestens 24 Stunden gewährt werden.
Der Arbeitgeber ist somit verpflichtet, seinen Mitarbeitern*innen eine tägliche Ruhezeit zusätzlich zu der wöchentlichen zu gewähren. Auch, wenn die tägliche der wöchentlichen unmittelbar vorausgeht.
Ungarischer Lokführer klagte
Konkret ging es um den folgenden Fall: Geklagt hatte ein Lokführer der ungarischen Eisenbahngesellschaft MÁV-START. Der Arbeitgeber gewährte dem Zugführer keine tägliche Ruhezeit vor oder nach einer wöchentlichen Ruhezeit oder Urlaubszeit.
Laut dem Arbeitnehmer hat dieser aber exakt auf diese 11 Stunden Ruhezeit Anspruch. Sein Arbeitgeber argumentierte dagegen, dass der wöchentliche Tarifvertrag eine Mindestruhezeit von 42 Stunden vorsieht. Und damit sogar deutlich über dem Minimum von 24 Stunden liegt.
EuGH: wöchentliche und tägliche Ruhezeiten separate Rechte
Das ungarische Gericht rief den Europäischen Gerichtshof an und bat um eine Entscheidung. Es musste folgende Frage geklärt werden: Ist eine mit der wöchentlichen Ruhezeit zusammenhängende gewährte tägliche Ruhezeit bereits Teil der wöchentlichen Ruhezeit?
Der EuGH stimmte dem nicht zu und stellte folgendes klar: Die wöchentliche und tägliche Ruhezeit sind zwei separate Rechte, da diese zwei unterschiedliche Ziele verfolgen.
Unterschiedliche Ziele bei den Ruhezeiten
Die täglichen Ruhezeiten ermöglichen es dem Arbeitenden, sich aus der Arbeitsumgebung zurückzuziehen. Diese 11 Stunden müssen sowohl zusammenhängen als auch unmittelbar an die Arbeitsperiode anschließen.
Dagegen haben die wöchentlichen Ruhezeiten das Ziel, sich pro Siebentageszeitraum zurückzuziehen. Beide Rechte muss der Arbeitgeber gewährleisten.
Aushöhlung des Arbeitsrechtes
Der EuGH stellte fest, dass die tägliche Ruhezeit nicht Teil der wöchentlichen Ruhezeit ist. Dem Arbeitenden würde ansonsten sein Recht vorenthalten werden.
Das Urteil im Detail: Rechtssache C-477/21
Christoph Mers
Online Content Manager
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