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Whistleblower-Richtlinie: Ratgeber zur EU-Whistleblower-Richtlinie in Deutschland

Whistleblower-Richtlinie: Ratgeber zur EU-Whistleblower-Richtlinie in Deutschland

Die Whistleblower-Richtlinie wurde von der EU bereits 2019 verabschiedet. Doch die Umsetzung in Deutschland erfolgte erst jetzt. Unser Ratgeber informiert zur Umsetzung, den Anforderungen sowie dem Meldesystem in Deutschland.

Whistleblower-Richtlinie: Umsetzung in Deutschland

Die Umsetzung der EU-Richtlinie für Whistleblower muss nicht bloß in Deutschland erfolgen. Auch andere Mitgliedstaaten sind von der Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie der EU betroffen wie beispielsweise Österreich.

Die Umsetzung in Deutschland startet ab dem 02. Juli 2023. Dann tritt die EU-Whistleblower-Richtlinie in der Bundesrepublik in Kraft. Mit 1,5 Jahren Verspätung. Warum? Ein Blick in die Historie.

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      EU-Richtlinie für Whistleblower in 2019

      Die Whistleblower-EU-Richtlinie wurde bereits im Oktober 2019 verabschiedet. Genauer gesagt unter der Richtlinie „2019/1937“.

      Vorrangiges Ziel der EU-Richtlinie für Whistleblower in 2019 war und ist der Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden.

      Diese EU-Richtlinie gewährt Whistleblower einen besseren Schutz als bisher. Zumindest in der Theorie. Denn die Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie in nationale Gesetze erfolgte nicht nach den gesetzlichen Vorgaben.

        EU Whistleblowing Richtlinie

        Versäumte Umsetzung bis 2021

        Zunächst wurde die Whistleblower-Richtlinie im Gesetzblatt der EU veröffentlicht. Nach 20 Tagen trat die Whistleblower-EU-Richtlinie schließlich im Dezember 2019 in Kraft.

        Laut der EU-Whistleblower-Richtlinie 2019/1937 mussten die Mitgliedstaaten die entsprechende Direktive bis Dezember 2021 in die nationale Gesetzgebung überführen. So ist es festgehalten in Artikel 26 Absatz 1 der EU-Whistleblower-Richtlinie.

        Allerdings versäumten es einige Staaten, darunter auch Deutschland, ein einheitliches nationales Gesetz fristgerecht umzusetzen.

        Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie in 2022

        Mit einer fast einjährigen Verspätung verabschiedete der deutsche Bundestag gegen Ende 2022 das sogenannte Hinweisgeberschutzgesetz, kurz HinSchG. Dieses Gesetz ist die nationale Umsetzung der der EU-Whistleblower-Richtlinie in Deutschland.

        Als reine Formalie galt die Zustimmung des deutschen Bundesrates für Anfang 2023. Doch dieser widersetzte sich dem Gesetz, vor allem die unionsgeführten Bundesländer formierten sich gegen das Hinweisgeberschutzgesetz.

          Strafen wurden fällig

          Mit der Nicht-Zustimmung seitens des deutschen Bundesrates konnte das HinSchG nicht wie geplant eingeführt werden. Was wiederum eine weitere zeitliche Verzögerung mit sich brachte. Das rief die Europäische Kommission auf den Plan.

          Die EU verdonnerte die Bundesregierung zu einer satten Strafzahlung. Pro Tag wurden 61.600 Euro fällig. Für jeden Tag seit dem Ablauf der Umsetzungsfrist bis zum Tag der Behebung des Verstoßes. Mindestens 17.248.000 Euro. Eine stolze Summe.

          Gesetzesentwurf zur Whistleblower-Richtlinie

          Nach einem mehrmonatigen politischen wie gesetzlichen Hin- und Her einigten sich die Parteien. Im Vermittlungsausschuss wurden einige Anpassung am bisherigen Referentenentwurf des HinSchG vorgenommen.

          Somit stand der Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie in Deutschland nichts mehr im Wege. Sowohl Bundestag als auch Bundesrat stimmten dem Gesetzesentwurf zu. Die Veröffentlichung im Gesetzblatt erfolgte im Juni 2023.

            EU-Whistleblower-Richtlinie und deren Anforderungen

            Die Whistleblower-EU-Richtlinie stellt hohe Anforderungen an die Umsetzung. Dazu zählt zum einen die Bereitstellung eines internen wie externen Meldekanals.

            Des Weiteren muss die Meldung von Missständen sowohl schriftlich wie mündlich erfolgen. Außerdem muss die Identität des Hinweisgebers unter allen Umständen, auch bei der Bearbeitung, geheim gehalten werden.

            Dazu kommen weitere Anforderungen an die Richtlinie für Whistleblower wie die Einhaltung der DSGVO-Bestimmungen oder das externe Partner den internen Meldekanal implementieren dürfen.

              Whistleblower-Richtlinie und das Meldesystem

              Laut der Richtlinie für Whistleblower auf EU-Ebene müssen zwei verschieden Meldesysteme bereitgestellt werden. Das sind interne wie externe Meldekanäle.

              Grundsätzlich schreibt die Whistleblower-EU-Richtlinie vor, dass ein interner Meldekanal gegenüber dem externen bevorzugt genutzt werden soll. Folgende zwei Voraussetzungen müssen dabei erfüllt werden:

              1. Wirksamer internes Vorgehen gegen den gemeldeten Verstoß
              2. Hinweisgebende Person muss keine Repressalien fürchten
                Whistleblower Richtlinie: Umsetzung in Deutschland

                Anforderungen an internen Meldekanal

                Die Richtlinie für Whistleblower sieht vor, dass ein internes Meldesystem immer die Vertraulichkeit des Hinweisgebers sowie Dritter bewahrt. Laut EU-Whistleblower-Richtlinie muss das interne Meldesystem entsprechend konzipiert, eingerichtet und betrieben werden.

                Außerdem dürfen nicht befugte Mitarbeiter*innen keinen Zugriff aus das Meldesystem haben. Weder direkt noch indirekt.

                Verfahren beim internen Meldekanal

                Das weitere Verfahren bei einem internen Meldekanal schreibt die EU-Direktive ebenfalls vor.

                1. Nach Eingang der Meldung muss eine Bestätigung an den Hinweisgebenden innerhalb von sieben Tagen erfolgen.
                2. Ergreifung von ordnungsgemäßen Folgemaßnahmen
                3. Rückmeldung an den Hinweisgebenden innerhalb von drei Monaten nach Bestätigung des Eingangs der Meldung.
                4. Mitteilung entweder in schriftlicher oder in mündlicher Form

                Wichtig: Eine mündliche Mitteilung ist per Telefon oder über eine Art der Sprachübermittlung möglich. Sogar ein physisches Zusammentreffen, auf Wunsch des Hinweisgebenden, muss ermöglicht werden.

                  Anforderungen an ein externes Meldesystem

                  Eine Pflicht zur Einrichtung von externen Meldekanälen liegt bei den Mitgliedstaaten selbst. Diese entscheiden individuell, welche Behörden befugt sind:

                  1. Meldungen entgegenzunehmen
                  2. Rückmeldungen zu geben
                  3. Entsprechende Folgemaßnahmen ergreifen

                  Die ausgewählten Behörden müssen wiederum folgende Anforderungen an das externe Meldesystem laut EU-Whistleblower-Richtlinie erfüllen:

                  1. Verfügen über autonome und unabhängige Meldekanäle
                  2. Besitzen personelle Ressourcen
                  3. Verfügen über finanzielle Ressourcen

                  Verfahren bei einem externen Meldesystem

                  Wie bei dem internen Meldeverfahren sind ebenfalls die Verfahrensabschnitte bei einem externen Meldesystem durch die Whistleblower-EU-Richtlinie klar definiert.

                  1. Bestätigung der Meldung innerhalb von sieben Tagen
                  2. Einleiten von entsprechenden Folgemaßnahmen
                  3. Hinweisgebenden Rückmeldung erstatten innerhalb von drei Monaten
                    1. Ausnahme: Innerhalb von sechs Monaten bei hinreichend begründeten Fällen
                  4. Finales Ergebnis des Verfahrens dem Hinweisgebenden mitteilen
                  5. Enthaltenen Informationen rechtzeitig an die entsprechenden Stellen und Behörden weiterleiten

                    Unterbindung von Sanktionen

                    Das eingangs erwähnte Ziel der Richtlinie für Whistleblower der EU ist der Schutz von Hinweisgebenden gegenüber Repressalien. Laut der EU-Direktive zählen unter anderem folgende Repressalien dazu:

                    1. Suspendierung, Kündigung oder vergleichbare Maßnahmen;
                    2. Herabstufung oder Versagung einer Beförderung;
                    3. Aufgabenverlagerung, Änderung des Arbeitsortes, Gehaltsminderung, Änderung der Arbeitszeit;
                    4. Versagung der Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen;
                    5. negative Leistungsbeurteilung oder Ausstellung eines schlechten Arbeitszeugnisses;
                    6. Disziplinarmaßnahme, Rüge oder sonstige Sanktion einschließlich finanzieller Sanktionen;
                    7. Nötigung, Einschüchterung, Mobbing oder Ausgrenzung;
                    8. Diskriminierung, benachteiligende oder ungleiche Behandlung;
                    9. Nichtumwandlung eines befristeten Arbeitsvertrags in einen unbefristeten Arbeitsvertrag in Fällen, in denen der
                    10. Arbeitnehmer zu Recht erwarten durfte, einen unbefristeten Arbeitsvertrag angeboten zu bekommen;
                    11. Nichtverlängerung oder vorzeitige Beendigung eines befristeten Arbeitsvertrags;

                    Weitere Repressalien werden in Artikel 19 der EU-Whistleblower-Richtlinie 2019/1937 aufgelistet.

                    Schaffung von finanziellen Anreizen

                    Die Whistleblower-Richtlinie der EU ist in der Theorie ein sinnvolles Instrument um hinweisgebende Personen zum einen bessere zu schützen. Zum anderen diese auch zu ermuntern, Missstände in Unternehmen oder Einrichtungen des öffentlichen Dienstes zu melden.

                    Um Hinweisgebende noch stärker zu motivieren, kann über die Einführung von sogenannten „Whistleblower Bounties“ nachgedacht werden. Die Schaffung von finanziellen Anreizen ist in den USA bereits stark in der Gesetzgebung verankert.

                    In Europa wird dieses Instrument nur zögerlich verwendet. Viele Staaten, darunter auch Deutschland, nutzen diese Maßnahme nicht. Ob ein Umdenken in Zukunft notwendig sein muss, wird die Zeit zeigen.

                      Christoph Mers

                      Online Content Manager