
KI-Kompetenz nach Artikel 4 der EU-KI-Verordnung: Was HR-Profis jetzt wissen müssen
Seit dem 1. August 2024 ist die KI-Verordnung der EU in Kraft – und stellt Personalabteilungen vor neue Herausforderungen. Denn nach Art. 4 KI-VO müssen Unternehmen, die KI-Systeme entwickeln oder einsetzen, sicherstellen, dass ihre Mitarbeitenden über eine „ausreichende KI-Kompetenz“ verfügen. Was das bedeutet, erfahren Sie hier.
Was ist mit „KI-Kompetenz“ gemeint?
„KI-Kompetenz“ ist Art. 3 Nr. 56 der KI-VO definiert und umfasst die Fähigkeiten, Kenntnisse und das Verständnis, die es Mitarbeitenden ermöglichen:
- KI-Systemen sachkundig einzusetzen,
- Chancen und Risiken von KI zu erkennen,
- und mögliche Schäden zu vermeiden.
Es geht also nicht nur um technisches Know-how, sondern auch um ethische, rechtliche und praktische Aspekte im Umgang mit KI.
Wer ist betroffen?
Artikel 4 richtet sich an alle Anbieter (die KI-Systeme entwickeln und in Verkehr bringen) und Betreiber (die KI-Systeme einsetzen). Betroffen sind:
- Mitarbeitende, die direkt mit KI-Systemen arbeiten,
- externe Dienstleister, die im Auftrag des Unternehmens KI-Systeme bedienen,
- und andere Personen, die unternehmensnah mit KI-Systemen interagieren (z. B. Kunden oder Partner).
HR sollte also nicht nur an Entwickler denken, sondern auch an Marketing, Vertrieb, Kundenservice oder externe Agenturen.
Muss das Wissen der Mitarbeitenden gemessen werden?
Nein – es besteht keine Pflicht zur formalen Wissensprüfung. Unternehmen müssen jedoch sicherstellen, dass das Kompetenzniveau „ausreichend“ ist. Das bedeutet: Die Schulungsmaßnahmen sollten sich am Vorwissen, der Rolle und dem Risiko des eingesetzten KI-Systems orientieren.
Was muss ein KI-Kompetenzprogramm mindestens enthalten?
Die EU-Kommission nennt vier zentrale Elemente:
- Grundverständnis von KI: Was ist KI? Wie funktioniert sie? Welche Systeme werden im Unternehmen genutzt?
- Rollenverständnis: Entwickelt das Unternehmen KI oder nutzt es fremde Systeme?
- Risikobewusstsein: Welche Risiken bestehen bei den eingesetzten Systemen? Wie können sie gemindert werden?
- Zielgruppengerechte Umsetzung: Schulungen müssen auf das Vorwissen und den Kontext der Mitarbeitenden abgestimmt sein.
Auch rechtliche und ethische Aspekte sollten berücksichtigt werden – etwa Transparenzpflichten oder Prinzipien der menschlichen Aufsicht.
Ist eine Schulung verpflichtend?
Nicht zwingend – aber in vielen Fällen notwendig. Allein auf Bedienungsanleitungen zu verweisen, reicht laut EU-Kommission nicht aus. Stattdessen sollten gezielte Trainings oder andere geeignete Maßnahmen angeboten werden, z. B.:
- interaktive E-Learnings,
- Workshops,
- Leitfäden oder
- regelmäßige Q&A-Sessions.
Gibt es branchenspezifische Vorgaben?
Nein – die Anforderungen gelten branchenübergreifend. Allerdings sollten Unternehmen den Kontext und das Risikoniveau ihrer KI-Systeme berücksichtigen. Besonders bei sogenannten Hochrisiko-KI-Systemen (z. B. in der Medizin oder im Personalwesen) sollten umfassendere Maßnahmen berücksichtigt werden.
Wie kann die Umsetzung dokumentiert werden?
Es genügt, wenn Unternehmen intern dokumentieren, welche Maßnahmen sie ergriffen haben – etwa durch:
- Schulungsnachweise,
- Teilnahmeprotokolle,
- interne Richtlinien oder
- Lernplattformen.
Ein spezielles Zertifikat ist nicht erforderlich. Es macht den Nachweis aber einfacher.
Was passiert bei Verstößen?
Ab dem 3. August 2026 übernehmen nationale Marktüberwachungsbehörden die Kontrolle. Diese können bei Verstößen Sanktionen verhängen – etwa Bußgelder. Besonders kritisch wird es, wenn ein Schaden nachweislich auf fehlende Schulung zurückzuführen ist. In diesem Fall ist die Verhängung von Bußgeldern wahrscheinlich.
Gilt Artikel 4 auch für Unternehmen außerhalb der EU?
Ja – sobald ein KI-System auf dem EU-Markt angeboten oder in der EU genutzt wird, gilt die Verordnung. Auch Dienstleister außerhalb der EU müssen also sicherstellen, dass ihre Mitarbeitenden über ausreichende KI-Kompetenz verfügen.
Was bedeutet das für HR konkret?
HR-Abteilungen sollten jetzt aktiv werden und:
- eine Bestandsaufnahme machen: Welche KI-Systeme werden genutzt? Wer arbeitet damit?
- Zielgruppen definieren: Welche Rollen benötigen welches Wissen?
- geeignete Lernformate entwickeln: z. B. gestufte Schulungen für Einsteiger, Fortgeschrittene und Experten.
- Maßnahmen dokumentieren: für interne Nachweise und externe Prüfungen.
Fazit
Artikel 4 der KI-VO ist mehr als eine juristische Pflicht – er ist eine Chance, Mitarbeitende fit für die Zukunft zu machen. Wer jetzt in KI-Kompetenz investiert, stärkt nicht nur die Compliance, sondern auch die Innovationskraft und das Vertrauen in neue Technologien.
HR spielt dabei eine Schlüsselrolle.
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